Achtsamkeit, Meditation und Lernen
Wie bereits im Beitrag „Achtsamkeit bei LERNLAND“ beschrieben, führt Stress u.a. dazu, dass das Lernen blockiert wird bzw. nicht mehr motiviert und mit Freude gelingt. Deshalb sind achtsamkeitsbasierte Verfahren wertvoll und nachhaltig, wenn es darum geht, das eigene Lernen zu verbessern, weil sie zu mehr Entspannung und Gelassenheit beitragen – nicht nur im Bereich Lernen. Auch wenn im Folgenden immer wieder das schulische Lernen angesprochen wird, beziehen sich die angesprochen Aspekte auf das Lernen allgemein, das heißt auch, in jedem Alter und in jedem Lebensbereich.
Es lassen sich hier verschiedene Fragen stellen:
- Wie genau wirken sich achtsamkeitsbasierte Verfahren auf den Lernprozess aus?
- Welche Techniken werden konkret angewendet?
- Welche körperlichen Mechanismen werden dadurch in Gang gesetzt?
Ich möchte an dieser Stelle keine wissenschaftliche Abhandlung verfassen, sondern ein paar mir wichtig erscheinende Ideen und Konzepte vermitteln, um so den Zusammenhang zwischen meiner Arbeit im Lerncoaching und Achtsamkeit deutlich zu machen.
Beruhigung des Geistes
Ein Weg, um Achtsamkeit zu schulen, ist die Meditation. In der Meditation gelangen wir in einen Zustand, in dem sich unser Geist immer mehr beruhigt, das Gedankenkreisen hört auf, wodurch wir zu mehr Ruhe und Entspannung finden. Durch konsequentes Üben können wir so auch außerhalb der Meditation Grübeleien und Gedankenkreisen leichter stoppen, um so mehr Energie für das Hier und Jetzt zu haben und nicht in „Geschichten“ der Vergangenheit oder der Zukunft abzudriften. Dies ist hilfreich, wenn wir uns beim Lernen auf unseren Lerngegenstand konzentrieren möchten, denn jede Unterbrechung, auch die durch die eigenen Gedanken, erfordert danach einen erheblichen Arbeitsaufwand, um wieder in den produktiven Lern- bzw. Arbeitsprozess zu gelangen. Meditation ist aber nicht der einzige Weg, um Achtsamkeit zu schulen, letztendlich können wir jede Tätigkeit achtsam durchführen, uns also unserer Handlung völlig bewusst sein, „erkennen, was im gegenwärtigen Moment geschieht“ (Thich Nath Hahn, Achtsamkeit mit Kindern). Dies ist auch für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ein unglaublicher Schatz! Die Übungen, die zur Schulung der Achtsamkeit ins Lerncoaching einfließen können, sind vielfältig – und sie zwingen nicht zur Meditation auf das Sitzkissen!
Der Atem als Kraftquelle
Dem Atem kommt im Zusammenhang mit der Achtsamkeitspraxis eine zentrale Rolle zu. So haben wir während der Meditation meistens einen Gegenstand, auf den wir unsere Aufmerksamkeit richten. Das können die Geräusche sein oder auch die Berührung der Sitzunterlage oder verschiedene Körperbereiche. Häufig ist es aber einfach der Atem. Wir bündeln unsere Aufmerksamkeit und konzentrieren uns ganz auf diesen Gegenstand. Der Atem als Meditationsobjekt bietet sich aus verschiedenen Gründen an:
- Wir haben ihn immer dabei.
- Mit dem Atem können wir den Parasympathikus beeinflussen, den Teil des vegetativen Nervensystems, der für Ruhe und Entspannung sorgt. Er wird deshalb auch Ruhenerv oder Erholungsnerv bezeichnet.
Der zweite Punkt macht deutlich, warum der Atem im Zusammenhang mit Stressabbau eine wichtige Rolle spielt. Es ist deshalb sinnvoll, den Atem zu nutzen, um zum Beispiel vor Prüfungen Stress abzubauen und dadurch gelassen in die Prüfung gehen zu können. Dies kann durch einfache Atemübungen geschehen, die regelmäßig praktiziert werden, so dass sie uns vertraut und Teil unseres Alltags sind. Die regelmäßige Verankerung im eigenen Atem lässt uns insgesamt ruhiger und entspannter werden (Aktivierung des Parasympathikus, Abbau von Stresshormonen) und setzt dadurch positive Impulse in unserem Leben, körperliche wie psychische.
Gesunder Schlaf
Die Beruhigung unseres Geistes durch Achtsamkeit führt zu gesünderem Schlaf. Wir können besser einschlafen und besser durchschlafen. Wenn wir nachts aufwachen, schlafen wir wieder ein, ohne in einem Gedankenkarussell zu landen. Gerade Kinder und Jugendliche sind oft überdreht und von den Geschehnissen des Tages überfordert, so dass sie abends nicht zur Ruhe kommen. Das führt häufig zu chronischem Schlafdefizit, wodurch nicht nur das Lernen am nächsten Morgen erschwert wird. Der Mensch braucht Pausen und Ruhe und es ist wichtig, dies ganz bewusst in den Tag zu integrieren, da wir sonst gesundheitlichen Schaden davontragen.
Gesundes Essen
Dass Ernährung einen erheblichen Teil dazu beiträgt, wie es uns geht, wie viel Energie wir haben und wie gesund wir sind, ist heute unstrittig. Wir brauchen die verschiedenen Nährstoffe, damit körperliche Abläufe reibungslos stattfinden können, was zu unserem Wohlbefinden beiträgt. Auch der Psychische Faktor ist nicht zu unterschätzen, wenn wir auch auf diese Weise gut für uns sorgen. Eine liebevoll zubereitete Mahlzeit ist einfach ein Lichtblick! Im Zusammenhang mit dem Lernen lässt sich festhalten: Ein Gehirn, das gut versorgt wird, lernt auch besser, denn Fehlernährung und Nährstoffmangel können u.a. zu Konzentrationsproblemen und Gedächtnisschwäche beitragen.
Konzentration
Achtsamkeit fördert die Konzentration, denn sie zeigt uns, wie man aufmerksam sein kann. Diese Fähigkeit wird in Schule, Studium und am Arbeitsplatz vorausgesetzt, doch sie wird uns nie wirklich beigebracht, so dass gerade Kinder häufig überfordert sind, wenn von ihnen verlangt wird, sich zu konzentrieren. Achtsamkeit “stärkt die Fähigkeit, Aufgaben zu organisieren, Zeitpläne zu machen, Prioritäten zu setzen und Entscheidungen zu treffen” (Thich Nhat Hahn, Achtsamkeit mit Kindern). Das Gehirn verfügt über den sogenannten Zerstreuungsmodus, der u.a. unverzichtbar ist für unsere Kreativität und unser Einfühlungsvermögen, der uns aber auch in vielen Situationen im Wege steht. Diesen bewusst zugunsten des Konzentrationsmodus “ausschalten” zu können, ist eine Fähigkeit, die durch Achtsamkeit gestärkt wird (vgl. James Kingsland, die Hirnforschung auf Buddhas Spuren).
Körperwahrnehmung
Üben wir uns in Achtsamkeit, nehmen wir immer wieder Kontakt mit unserem Körper auf und vertiefen damit die Verbindung zwischen Körper und Geist. Wir erforschen den Körper mit seinen Empfindungen und lernen ihn dadurch besser kennen. Dies ermöglicht es uns, Körpersignale besser zu verstehen und ihnen zu vertrauen. Finden wir Antworten auf folgende Fragen, gelingst es uns leichter, im Alltag gut für uns zu sorgen: Was fühle ich? Was brauche ich, damit es mir besser geht?
Ausblick
Um den Zusammenhang zwischen Achtsamkeit und Lernen und meiner Arbeit im Lerncoaching noch deutlicher herauszuarbeiten, möchte ich die einzelnen Aspekte in den kommenden Wochen vertiefend bearbeiten und hier zur Verfügung stellen. Falls es in diesem Zusammenhang Ideen, Anregungen und Wünsche gibt, freue ich mich über entsprechende E-Mails.
Herzliche Grüße
Inga Schulz