Liebe Leserinnen und liebe Leser,
das Thema Hormone gehört dazu, möchte man das Zusammenspiel von Körper, Gehirn, Geist und Psyche verstehen. Dieser Artikel ist deshalb als Ergänzung zum letzten Blog-Artikel gedacht und bringt noch ein paar Impulse, die Sie und Ihr Kind sofort im Alltag umsetzen können. Vielleicht unterstützen sie Sie dabei, mit mehr Gelassenheit und Freude ins neue Jahr zu starten. Das würde mich sehr freuen!
Hormone und ihr Einfluss auf unser Wohlbefinden – und unser Lernen!
Hormone haben Einfluss auf unsere Gefühle und unser Wohlbefinden.
Drei Hormongruppen sind besonders wichtig:
- Stresshormone (Adrenalin und Cortisol)
- „Glückshormone“ (Dopamin, Oxytocin und Serotonin)
- Geschlechtshormone (Testosteron, Östrogen und Progesteron)
Verstehen wir die Aufgaben dieser Hormongruppen, können wir sie für uns nutzen und so mehr Leichtigkeit und Zufriedenheit in unser Leben bringen. Nicht immer, aber immer öfter!
Die Stresshormone Cortisol und Adrenalin
Im Kontext Stress habe ich bereits im zweiten Artikel dieser Serie über die Stresshormone Adrenalin und Cortisol gesprochen. Begegnen wir im Alltag einem Stressauslöser (Stressreiz) werden diese Hormone ausgeschüttet und führen Veränderungen im Körper hervor, die uns bereit machen für Kampf oder Flucht (oder Erstarren). Das heißt, es findet eine Aktivierung statt: der Herzschlag steigt, die Gefäße verengen sich, das Denken wird weitgehend ausgeschaltet… Diese Reaktion ist wichtig und kann uns auch heute noch das Leben retten, weil wir befähigt werden, blitzschnell zu reagieren. Allerdings ist die Stressreaktion auch in nicht lebensbedrohlichen Situationen die gleiche, in denen Kampf oder Flucht keine Option sind – zum Beispiel bei einer Klassenarbeit. Reagiert der Körper in solchen Situationen auf diese Weise, können die Hormone nicht in angemessener Form abgebaut werden, weil es in einer Prüfungssituation nötig ist, auf dem Platz sitzen zu bleiben und Wissen abzurufen. Wissen abrufen ist aber nicht das, wofür die Stressreaktion im Körper geeignet ist. Passiert dies regelmäßig, zum Beispiel auch in Konfliktsituationen, steigt die Konzentration der Stresshormone im Blut dauerhaft an und es kommt zu chronischem Stress mit all seinen körperlichen und psychischen Symptomen. Förderlicher Umgang mit Stresssituationen und Stress ist deshalb entscheidend für unsere Gesundheit und ein „stressiges“ Leben sollte nicht einfach hingenommen werden. Wichtig in diesem Zusammenhang: was für den einen oder die eine als Stressreiz und damit Stressauslöser wirkt, kann für den anderen eine positive Aktivierung bedeuten. Das Stressempfinden ist sehr individuell und es ist entlastend, dies anzuerkennen.
Die „Glückshormone“ Dopamin, Serotonin und Oxytocin
Weitere Hormone, von denen Sie sicher schon gehört haben, möchte ich in diesem Zusammenhang ebenfalls erwähnen, denn sie tragen zu Wohlbefinden und guter Stimmung bei und sind deshalb auch für das Lernen förderlich. Sie können als Gegenspieler der Stresshormone verstanden werden.
Es sind die Hormone Dopamin, Serotonin und Oxytocin. Dopamin ist das Hormon, das das Belohnungssystem im Gehirn aktiviert und deshalb auch maßgeblich an der Motivation beteiligt ist, da es als innerer Antreiber wirkt. Es wird unter anderem ausgeschüttet, wenn wir ein Ziel erreichen, um das wir uns lange bemüht haben oder wenn ein Bedürfnis oder die Aussicht auf eine Belohnung uns zu einer Handlung motivieren. Serotonin ist das sogenannte Wohlfühlhormon, das Angst reduziert und die Stimmung ausgleicht. Oxytocin ist das Bindungshormon. Es unterstützt das Gefühl von Vertrauen und reduziert Stress. Schauen wir uns diese Kurzbeschreibungen dieser drei Hormone an, ist nachvollziehbar, warum sie uns auch beim Lernen unterstützen und es deshalb sinnvoll ist, den Alltag für uns und unsere Kinder so zu gestalten, dass diese Hormone auch regelmäßig ausgeschüttet werden.
Was heißt das konkret? Was kann ich sofort tun?
Für das Hormon Dopamin bedeutet das, dass wir Situationen für und mit unseren Kindern schaffen, in denen sie „Erfolge“ erleben können und merken, dass sie Fähigkeiten und Stärken haben, die es ihnen ermöglichen über sich hinaus zu wachsen. Dafür ist es nötig, genau hinzuschauen und den gesellschaftlichen Leistungsdruck beiseitezuschieben. Es geht nicht darum, dass unser Kind die gleichen sportlichen oder musikalischen Erfolge erreicht wie vielleicht die Tochter oder der Sohn der besten Freundin, sondern darum, dass ihr Kind sich dort weiterentwickeln kann, wo es im Moment steht. Ohne Druck und das Gefühl, die Eltern vielleicht zu enttäuschen. Nur so kann es Vertrauen und Selbstvertrauen entwickeln.
Auch die Produktion des Wohlfühlhormons Serotonin können wir in unserem Alltag positiv beeinflussen und so einen Impuls für gutes Lernen setzen. Durch Bewegung und Sport, eine gesunde Ernährung, aber auch Sonnenlicht Entspannung und Meditation lässt sich der Serotoninspiegel im Blut anheben – mit all seinen positiven Konsequenzen.
Die Ausschüttung des Bindungshormons Oxytocin kann ebenfalls positiv beeinflusst werden. Momente der Nähe und Geborgenheit, aber auch Umarmungen und liebevolle Berührungen sorgen für eine höhere Konzentration dieses Hormons im Blut und führen deshalb zu mehr Vertrauen, Selbstvertrauen und zur Reduktion von Stress. Das führt dazu, dass Lernende sich insgesamt mehr zutrauen und deshalb erfolgreicher lernen. Wir sehen also, dass wir auch auf hormoneller Ebene erheblichen Einfluss auf unseren Körper nehmen können und zu mehr Wohlbefinden beitragen können. Nicht jeden Stressauslöser können oder sollten wir verhindern, aber wir können einen förderlichen Umgang damit finden und damit chronischen Stress vermeiden. Auch, indem wir gezielt die Ausschüttung von „Glückshormonen“ fördern und uns und unseren Kindern damit mehr Vertrauen und Selbstvertrauen schenken.
Es ist großartig, dass wir auch auf hormoneller Ebene eine Ressource haben, die wir aktiv für uns nutzen können und die uns in die Lage versetzt, positive Impulse zu setzen.
In Kürze
- Wir sind keine Lernmaschinen: Gehirn, Körper, Geist/Psyche und Hormonaushalt sind in ständigem Austausch, beeinflussen sich gegenseitig und benötigen „Fürsorge“.
- Fürs gute Lernen braucht es „Balance“ in allen Bereichen, auch wenn ein „perfekter“ Zustand nicht möglich und auch nicht nötig ist.
- Sind Körper, Psyche oder Hormone „aus dem Takt“ („gestresst“), sollten wir genau hinschauen und uns und unseren Kindern eine Situation schaffen, die Regeneration ermöglicht. Wir können uns die Fragen stellen: Welche Faktoren (Beziehungen, Ereignisse, Vorfälle etc.) haben zur momentanen Situation beigetragen? Was brauche ich und was braucht mein Kind, um eine positive Veränderung herbeizuführen?
- Druck, Streit und Vorwürfe sind kontraproduktiv und sorgen für noch mehr Unwohlsein. Manchmal ist ein bisschen Abstand nötig: Abstand von der Situation (der berühmte „Schritt zurück“ oder auch „Perspektivwechsel“), Abstand voneinander…
- Wir können die Ausschüttung von sogenannten „Glückshormonen“ (Dopamin, Oxytocin und Serotonin) beeinflussen, was sich auch positiv auf das Lernen auswirkt.
- Wir können die Ausschüttung von Stresshormonen (Adrenalin und Cortisol) reduzieren, indem wir im Alltag für mehr Entspannung und Gelassenheit sorgen. Positive Erfahrungen sorgen für mehr „Glückshormone“ und weniger Stresshormone. Das ist eine Ressource, die jeder und jede nutzen kann.
Einige von Ihnen denken vielleicht, dass ich im Bereich der wichtigen Hormone etwas vergessen habe: unsere Geschlechtshormone, die ja gerade in der Pubertät eine große Rolle spielen. Da ich das Thema Pubertät im Kontext Lernen für besonders wichtig halte, gibt es hier in den nächsten Wochen einen eigenen Artikel, der auch die Geschlechtshormone und deren Einfluss auf die Entwicklung und das Lernen aufgreift. Hier verspreche ich Ihnen schon jetzt einige „Aha-Erlebnisse“ und ich freue mich darauf, Ihnen auch hier einige hilfreiche Tipps mit auf den Weg zu geben.
Bis dahin wünsche ich Ihnen eine gute Zeit und viel Spaß und positive Energie auf Ihrem Weg zu mehr Leichtigkeit beim Lernen!
Von Herzen wünsche ich Ihnen einen guten Rutsch ins neue Jahr und alles Gute für 2024 – besonders Gesundheit, Liebe, Gelassenheit und Freude!
Herzliche Grüße
Inga Schulz