Eine positive Grundhaltung erlangen
Liebe Leserinnen und Leser,
Optimismus und eine positive Grundhaltung sind für mich in den letzten fünf Jahren zu den entscheidenden Antreibern geworden. Ich habe es noch nie so deutlich gemerkt wie in dieser Zeit, dass meine Einstellung das A und O dafür ist, wie die Dinge laufen, ob ich meine Ziele erreiche oder vermeintlich scheitere. Das können berufliche Ziele sein oder auch ganz persönliche, private Ziele. Und zu meinen privaten Zielen gehört eben auch das gute Miteinander in unserer Familie. Das erreiche ich nicht – wie mich mein mittlerweile fast 19-jähriges Muttersein immer wieder lehrt – wenn der Fokus sich wie selbstverständlich auf die Dinge im Alltag richtet, die nicht so gut laufen und ich mir daraus mein Bild der Realität konstruiere – getrieben von einem Bedürfnis nach Optimierung bzw. Selbstoptimierung.
Das Negative im Fokus
Sage ich mir immer wieder, wie unglaublich anstrengend unsere Kinder sind, dass sie mich „fertig machen“, ich ihre Einstellung nicht ertragen kann, dass sie immer gegen mich und uns arbeiten, faul und unhöflich sind, dann sind das die Filter, durch die ich meine Wirklichkeit wahrnehme. Da das Gehirn immer darauf aus ist, Balance zu schaffen, Dinge die wahr für mich scheinen, zu bestätigen, werden mir infolgedessen -vereinfacht gesprochen – genau die Dinge begegnen, die meine Glaubenssätze bestätigen. Das wird mich immer mehr in der Haltung bestärken, dass ich das Opfer in dieser Familiensituation bin – und ich werde leiden. Aber auch auf unsere Kinder hat es einen erheblichen Effekt, was ich über sie sage und denke. Mein Verhalten, meine Gespräche mit ihnen oder über sie bringen zum Ausdruck: Ihr seid faul und unerträglich!“ Diese Aussagen festigen sich auch in ihren Gehirnen. Als Konsequenz glauben sie es selbst und bestätigen es wiederum durch ihr Verhalten, denn auch ihre Gehirne suchen die Balance und die Bestätigung. Das ist ein Teufelskreis, aus dem keiner so leicht ausbrechen kann, am wenigsten die Kinder. Und das ist schade und macht uns das Leben unnötig schwer! Aber was ist die Alternative und wie können wir aus diesem Teufelskreis ausbrechen?
So viel Positives…
Warum fragen wir uns zum Beispiel nicht öfter, was richtig gut läuft? Warum sehen wir nicht die Stärken unserer Familie und die vielen kleinen Dinge, die im Alltag prima laufen. In jeder Familie gibt es Positives zu berichten, aber wir sehen es nicht, weil unser Fokus auf den vermeintlichen Schwächen liegt. Darauf, was nicht vorbildlich ist, nicht vorzeigbar, nicht in die Norm passend. Wir konzentrieren uns mit unserer ganzen Energie darauf und fühlen uns bald ausgelaugt und immer öfter schlecht gelaunt und gestresst.
Da es in dieser Blog-Serie um das gute Lernen geht: Wir stürzen uns auf die schlechten Noten in der Schule, auf alles das, was rot angestrichen ist, auf die Beschwerden der Lehrer, auf die Briefe, die wir von der Schule erhalten, und in denen uns vom Fehlverhalten unserer Sprösslinge berichtet wird. Und wenn wir dazu noch das Fehlverhalten zu Hause addieren…
Puh! Ja, da entsteht schnell ein sehr, sehr düsteres Bild! Also: Mehr lernen, strenger erziehen, mehr Verbote, mehr Lautwerden, weniger mit Freunden machen, weniger Chillout-Time, weniger Freiheit, weniger Vertrauen, mehr Verbote… Wir glauben an unsere Maßnahmen. Die müssen doch funktionieren. Wenigstens ein bisschen. Aber nach und nach merken wir: das haut nicht hin. Wir kommen nicht weiter. Zumindest nicht so, wie wir es uns vorgestellt haben.
So viele Möglichkeiten!
Wir können uns Herausforderungen immer aus unterschiedlichen Perspektiven nähern bzw. unterschiedliche Ansätze nutzen, um positive Veränderungen herbeizuführen. Manchmal ist es auch nötig, parallel unterschiedliche Maßnahmen zu ergreifen. Daher ergibt sich auch aus der einjährigen Blog-Serie ein bunter Strauß aus Möglichkeiten, die Sie und Ihr Kind ausprobieren und integrieren können, um so zu mehr Leichtigkeit beim Lernen und, ja, auch im Miteinander zu gelangen. Im Folgenden geht es um den Aspekt einer positiven Grundhaltung, die Sie dabei unterstützt, aus der Schleife der „Negativerzerrung“ auszubrechen und so mehr positive Energie zu gewinnen und Ihre Ziele zu erreichen. Doch was heißt das genau? Bedeutet das, die „Baustellen“ zu ignorieren, alles hinzunehmen oder gar in rosaroten Farben auszumalen? Soll ich mir und meinem Kind einreden, dass alles in Ordnung ist, auch wenn wir beide uns elend fühlen? Nein, das wäre mit Sicherheit der falsche Weg und ist hier ganz und gar nicht gemeint.
Eine positive Grundhaltung – Eine erste Definition
Eine positive Grundhaltung bedeutet, dass ich mich bei vermeintlich negativen Ereignissen, Belastungen oder Erfahrungen nicht in einen „Negativstrudel“ ziehen lasse, der mich lähmt und dazu führt, dass ich die Welt plötzlich nur noch grau und schwarz und mich selbst als Opfer oder als Spielball meiner Umwelt wahrnehme – verbunden mit negativen Gefühlen wie Wut, (Selbst-) Verachtung, Resignation und Depression – sondern dass ich handlungsfähig bleibe und erkenne, dass es in jedem Moment möglich ist, eine Situation positiv zu beeinflussen bzw. etwas Positives daraus mitzunehmen oder zu lernen – verbunden mit der breiten Palette an positiven Gefühlen wie Freude, Dankbarkeit, Hoffnung, Interesse und Inspiration, auch wenn ich mir die Situation so nicht ausgesucht oder gewünscht habe.
Ausnahmen…
Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass es Schicksalsschläge wie schwere Krankheiten oder den Tod eines geliebten Menschen gibt, die einen erst einmal zu Boden werfen oder einem diesen unter den Füßen wegziehen und einen in große Verzweiflung stürzen. Das ist nur verständlich und menschlich. Und da braucht es oft auch professionelle Unterstützung, um durch eine solche Krise zu gehen. Ich möchte mir nicht anmaßen, hier von jemandem zu erwarten, etwas Positives in dieser Situation zu sehen bzw. den Impuls zu spüren, daran wachsen zu wollen. Hier braucht es ein mitfühlendes Umfeld und das Wissen, nicht allein zu sein sowie gegebenenfalls medizinische und/oder therapeutische Unterstützung.
Der ganz normale Wahnsinn – Eine positive Grundhaltung im Alltag
Ich spreche an dieser Stelle über die „kleinen Dinge“, die uns in unserem täglichen Leben immer wieder begegnen, uns herausfordern und uns oft auch an unsere Grenzen bringen. Sie erscheinen uns in solchen Momenten auch nicht als „klein“, sondern oft wie ein riesiger und steiler nicht zu bewältigender Berg. Ich möchte sie auf keinen Fall „kleinreden“, aber ich möchte sie dennoch deutlich abgrenzen von den oben beschriebenen Schicksalsschlägen.
Das hält der Alltag für uns bereit…
Diese „kleinen“ Dinge können zum Beispiel Konflikte in der Familie oder mit Freunden sein.
Auch in der Schule oder auf der Arbeit können belastende Situationen mit Klassenkameraden, Lehrern oder Kollegen auftreten und für emotionales Chaos sorgen. Vermeintliche
Misserfolge in Schule oder im Beruf, gesundheitliche Herausforderungen usw. können uns ebenfalls ganz schön aus der Balance bringen und – treten sie gehäuft und über längere Zeit auf – zu erheblichen körperlichen und psychischen Symptomen führen (chronischer Stress).
All diesen Erfahrungen treten wir einerseits mit unseren frühkindlichen Prägungen und
andererseits mit unseren – oftmals auch negativen – Vorerfahrungen in Kindheit, Jugend und Erwachsenenalter gegenüber. Wie diese Prägungen und Vorerfahrungen sind, ob sie uns unterstützen oder schwächen, ist individuell verschieden. Es gibt aber eine „Prägung“, die bei uns allen sehr ähnlich ist.
Unsere älteste „Prägung“: Das Steinzeithirn und die sogenannte Negativverzerrung
Nicht nur unsere oftmals negativen Vorerfahrungen machen uns im Hinblick auf eine positive Grundeinstellung einen Strich durch die Rechnung. Eine positive Grundhaltung widerspricht auch unseren „Basiseinstellungen“ als Mensch, denn unser Gehirn ist vom Aufbau und der Funktionsweise immer noch ein Steinzeithirn – mit allen „Voreinstellungen“, die dazu geführt haben, damals unser Überleben zu sichern. Eine positive Grundhaltung hat sich in der Steinzeit nicht als nützlich erwiesen, deshalb gehört sie bis heute nicht zur Grundausstattung eines menschlichen Gehirns. Ich habe diesen Aspekt bereits im Artikel 2 zum Thema
Lernstress ausführlich beschrieben. An dieser Stelle nur noch einmal eine kurze Zusammenfassung: Die Stressreaktion, die im Körper abläuft, wenn ein Mensch einem Stressreiz ausgesetzt wird (Merke: Was als Stressreiz wirkt, ist individuell verschieden!), unterscheidet sich nicht von der, die in der Steinzeit ablief, wenn ein Mensch sich plötzlich einer Säbelzahntiger gegenübersah. Gesunde Reaktionen in einer solchen Situation waren in der Steinzeit Kampf, Flucht (oder Erstarren). Besonders der Kampf oder die Flucht haben dann dafür gesorgt, dass die Stresshormone im Körper sofort wieder abgebaut wurden. Wirkt aber heute in der Schule eine bevorstehende Präsentation für einen Schüler oder eine Schülerin als Stressreiz/Stressauslöser, ist keine dieser Reaktionen hilfreich, so dass die ausgeschütteten Stresshormone nicht sofort wieder abgebaut werden und die Präsentation entweder nicht stattfinden kann, weil der Betreffende sich nicht in der Lage dazu fühlt, oder sie findet mit einer hohen Konzentration an Stresshormonen im Blut statt und läuft dementsprechend eher mäßig, was in der Folge in ähnlichen Prüfungssituationen zu noch mehr Stress führen kann.
In der Steinzeit hat es sich als hilfreich erwiesen, hinter jeder Ecke Gefahr oder eine Bedrohung zu vermuten, die Menschen waren immer in Hab-acht-Stellung, trauten niemandem, der nicht zur Gruppe gehörte und reagierten auf jedes Geräusch und jedes Anzeichen einer Veränderung mit Misstrauen. Das führt noch heute dazu, dass wir häufig weder uns selbst noch anderen vertrauen. Dadurch stehen wir uns selbst oft im Wege, weil wir positive Entwicklungen gar nicht wahrnehmen oder würdigen können.
Das müssen wir aber nicht hinnehmen! Dieser Negativverzerrung können wir aktiv entgegenwirken.
Neuroplastizität
Die Hirnforschung hat gezeigt: Veränderungen von bestehenden Netzwerken im Gehirn sind möglich. Das heißt, wir können nicht nur Neues lernen, sondern auch „neulernen“ oder umlernen, so dass bestehende neuronale Netzwerke sich verändern. Neurowissenschaftler bezeichnen dies als Neuroplastizität. Diese Veränderungen sind bis ins hohe Alter möglich, sodass wir heute wissen, dass wir auch als ältere oder alte Menschen Neues lernen und alte und hinderliche Muster positiv verändern können. Ich sage bewusst „positiv verändern“, denn genauso wichtig wie das Wissen um mögliche Veränderungen im Hinblick auf die eigene Persönlichkeit bzw. Grundeinstellung ist, Aspekte der eigenen Persönlichkeit zu akzeptieren, sich mit ihnen anzufreunden und eine vermeintliche Schwäche vielleicht irgendwann als Stärke zu begreifen. Manches möchte man bei näherer Betrachtung und Reflexion vielleicht
nur ein wenig oder aber gar nicht verändern bzw. es ist in der gewünschten Weise auch gar nicht möglich, weil die genetische Disposition oder die frühkindliche Prägung dies nicht zulassen. Die Entwicklung zu einer Selbstoptimierung, die einem nahezu überall begegnet, halte ich für sehr problematisch und in vielen Fällen destruktiv, weil sie die Individualität des Einzelnen nicht berücksichtigt. Nicht jeder kann und sollte zum Beispiel eine „Rampensau“ sein. Hätten wir nur derart extrovertierte Menschen, würde unsere Gesellschaft nicht funktionieren. Wir brauchen auch die Stillen, diejenigen, die im Hintergrund (Positives) bewirken und denen die Außenwirkung nicht so wichtig ist – zumindest nicht die ihrer Person.
Dazu in einem der Folgeartikel mehr.
Ziel einer positiven Grundhaltung
Das Ziel einer positiven Grundhaltung ist sehr einfach: Mehr Positives für uns und andere in die Welt bringen!
Positives in den Fokus rücken
Um das zu erreichen, rücken wir die guten und schönen Dinge mehr in den Fokus und nehmen sie infolgedessen immer mehr wahr, weil so in unserem Gehirn Schritt für Schritt die entsprechenden Netzwerke weiter ausgebaut werden. Dadurch verändert sich unsere Wahrnehmung nachhaltig, wir erleben mehr positive Emotionen, was sich auch auf unseren Hormonhaushalt auswirkt, da weniger Stresshormone ausgeschüttet werden -mehr Wohlbefinden und mentale Gesundheit sind das Ergebnis.
Zwei förderliche Handlungsstrategien
Um das Positive, die guten und schönen Dinge unseres Alltags mehr in den Fokus zu rücken, braucht es Ausdauer und Geduld, denn unsere verinnerlichten Verhaltens- und Wahrnehmungsmuster sind tief in unserem Gehirn verankert und lassen sich nicht durch eine einmal getroffene Entscheidung auf Dauer verändern. Die Entscheidung ist trotzdem der erste Schritt!
Äußere Hindernisse
Wie kann ich denn das Gute und Schöne in den Fokus rücken, wenn ich doch eher das Gefühl habe, dass alles grau, schwer und deprimierend ist? Wir müssen uns schließlich nicht besonders anstrengen, um uns mit negativen Nachrichten zu überfluten.
Da ist zum Beispiel die Klimakrise, der Krieg in der Ukraine, wirtschaftliche Unsicherheiten und rechte Tendenzen im politischen Spektrum, um nur einiges zu nennen. Das lässt sich nicht wegdiskutieren und belastet viele von uns, weil wir uns machtlos und ausgeliefert fühlen.
Diese „negativen Einflussfaktoren“ haben eine unglaubliche Kraft, weil sie permanent präsent sind – zumindest, wenn man regelmäßig die Zeitung liest und Nachrichten hört oder schaut.
Nicht jede/r ist in der Lage, das einfach an sich abperlen zu lassen und diesen Dingen gutgelaunt standzuhalten. Viele von uns haben dadurch ein permanent hohes Stresslevel mit einer entsprechend hohen Konzentration an Stresshormonen im Blut. Kommen da noch private Konflikte wie Beziehungskrisen oder auch Schulprobleme der Kinder hinzu, kann das das Fass schnell zum Überlaufen bringen.
Den Anfang machen…
Wie immer ist das Entscheidende, den Anfang zu machen. Der erste Schritt ist, bewusst die Entscheidung zu treffen, eine positive Grundhaltung zu entwickeln. Ja, so einfach ist das. Das ist der Beginn einer großen Veränderung.
Dafür ist es zunächst nötig, mehr Positives wahrzunehmen und es zu stärken.
Vielleicht möchten Sie jetzt einwenden: Wie kann ich etwas stärken, das gar nicht da ist? Ja, vielleicht ist da im ersten Moment nichts Großartiges, nichts, das man an Intensität der Klimakrise entgegenstellen kann, das stimmt mit Sicherheit. Aber darum geht es auch gar nicht. Es geht um die vielen kleinen Dinge, die zusammen etwas Großes ergeben. Diese vielen kleinen Dinge, bewusst und achtsam wahrgenommen, verändern die Botenstoffe in unserem Körper (Stresshormone werden abgebaut) und unterstützen uns dabei positiver, gelassener und freundlicher zu werden (positive Emotionen zu erleben). Das verändert unsere Lebensqualität und sorgt für mehr Wohlbefinden, wodurch sich auch unsere Beziehungen – auch die zu unseren Kindern – verändern. Dadurch wird nicht die Klimakrise gelöst, aber wir werden in die Lage versetzt, uns Herausforderungen auf förderliche Weise zu stellen, weil sich unser Geist beruhigt und dadurch Kreativität und Inspiration ermöglicht werden.
Die kleinen Dinge
Aber was sind die kleinen Dinge, die zusammen das große Ganze ergeben? Natürlich gehören dazu auch die vermeintlich negativen Ereignisse und Erfahrungen, die nicht verdrängt oder verleugnet werden sollen. Sie sind ebenfalls Teil unseres Lebens und dürfen es auch sein. Mit ihnen können wir arbeiten, wir dürfen uns Veränderungen wünschen und diese voranbringen
– und manches auch akzeptieren, ohne zu resignieren. Aufgrund der Negativverzerrung unserer Wahrnehmung nehmen wir diese Dinge aber meistens sehr intensiv wahr und unsere Gedanken kreisen permanent darum, währen die positiven Dinge an uns vorbeiziehen, ohne dass wir sie bewusst wahrnehmen und sie wirklich auf uns wirken lassen – mit allen positiven Effekten. Deshalb wenden wir uns spätestens jetzt bewusst den positiven und schönen Dingen zu und verweilen bei ihnen, so dass sie mehr Platz einnehmen können – das Negative darf daneben existieren, aber es überrollt uns nicht mehr permanent.
Was ist also zu tun?
Um mehr Bewusstheit zu erlangen und zu erkennen, dass ich dem „Negativen“ wieder übermäßig Raum gebe, ist die Praxis der Achtsamkeit eine unterstützende Methode, die dabei hilft, den gegenwärtigen Moment ohne Bewertung so zu erleben, wie er ist – mit all seinen Farbschattierungen. Oft übersehen wir vor lauter destruktivem Gedankenkreisen
(Vergangenheitsbewältigung“, Sorgen über die Zukunft), die wunderbaren Dinge direkt vor unseren Augen – die Farbenvielfalt, das Schöne und Inspirierende. Vielleicht die Sonne, die sich nach tagelangem Regen mal wieder hinter den Wolken hervortraut, die Kollegin, die einen Kuchen gebacken hat, weil alle so hart für das Projekt arbeiten, die aufmunternde Nachricht einer Freundin auf der Mailbox mit der Botschaft „Ich bin für dich da!“, die Umarmung und der zärtliche Kuss des Partners am Morgen oder einfach die Tasse Kaffee mit entspanntem Blick aus dem Fenster, der dafür sorgt, dass ich langsam wach werde. Alles kleine Dinge, die positive Emotionen auslösen und uns deshalb Energie geben und das Grau für einen Moment verdrängen. Jetzt braucht es nur noch Übung – und zwar zweifach:
- Übung von Achtsamkeit bzw. Bewusstheit (gegebenenfalls in Form einer formellen
Praxis, dazu mehr in meinem Blog oder später in dieser Serie); - Positives bewusst wahrnehmen: im Kleinen das Schöne erkennen und es nicht
unbemerkt vorbeiziehen lassen, sondern es bemerken und dann einen Moment in dieser Wahrnehmung verweilen, das heißt, den Moment ein wenig ausdehnen, um so dem Gehirn zu ermöglichen, neue Bahnen aufzubauen und so die positive Wahrnehmung zu stärken und der Negativverzerrung entgegenzuwirken.
Hierfür braucht es keiner Einweisung durch einen „Profi“ oder besonderer Materialien, damit können Sie sofort und ohne weitere Vorbereitung beginnen. Schauen Sie doch einfach jetzt einmal aus dem Fenster! Auch wenn es regnet, lässt sich dort sicher etwas Schönes entdecken, etwas, das Ihnen die Möglichkeit gibt, einen Moment der Freude zu erleben.
Geben Sie sich etwas Zeit! Und dann bleiben Sie einen Moment dabei. Vielleicht sitzt dort ein Vogel, der ein ausgiebiges Bad in einer Pfütze genießt oder Sie sehen, wie die Nachbarskinder sich in angeregter und freudiger Unterhaltung auf den Weg zur Schule begeben. Seien sie kreativ! Kleine Kinder lassen sich leicht zu solchen „Übungen“ motivieren, bei Teenagern braucht es manchmal etwas mehr Engagement. Ihnen hilft es häufig, die neurowissenschaftlichen Begründungen zu verstehen. Das schenkt ihnen Vertrauen und sie lassen sich eher auf diese neue Möglichkeit der Erfahrung ein.
In Kürze…
- Wir haben ein „Steinzeithirn“ mit einer „Negativverzerrung“;
- Frühkindliche Prägungen und frühere – oft negative – Erfahrungen beeinflussen unsere aktuelle Wahrnehmung und unterstützen diese Negativverzerrung;
- Neuroplastizität: Unser Gehirn ist bis zu unserem Tod formbar, wir können lernen und neulernen, das heißt, auch der Negativverzerrung entgegenwirken und so zu einer positiven Grundhaltung gelangen;
- Achtsamkeit und Bewusstheit unterstützt uns dabei, mehr Positives wahrzunehmen und so unser Gehirn und unsere Wahrnehmung in die gewünschte Richtung zu beeinflussen;
Es braucht Übung und viele Wiederholungen, damit eine positive Grundhaltung zur
Gewohnheit wird – nachhaltiges Lernen braucht Wiederholungen!
Zum Schluss…
Eine positive und achtsame Grundhaltung löst nicht Ihre Probleme, aber sie versetzt Ihr Gehirn wieder in den Zustand, förderlich an Lösungen arbeiten zu können. Das ist eine enorme Kraft! Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der positiven Veränderung Ihrer
Wahrnehmung! Lassen Sie das Positive wachsen! (-:
Herzliche Grüße
Inga Schulz