Gutes in sich aufnehmen
Beschäftigt man sich wie ich mit Achtsamkeit und Meditation stolpert man über Kurz oder Lang auch über den bekannten Neuropsychologen Dr. Rick Hanson. Ich habe ihn bisher nicht persönlich kennengelernt, habe mir aber auf YouTube den TEDxTalk „Hardwiring happiness“ von 2013 und ein Interview angesehen – allerdings erst, nachdem ich sein Buch „Denken wie ein Buddha – Gelassenheit und innere Stärke durch Achtsamkeit“ (München: Irisiana Verlag, 2013) gelesen habe. Mich näher mit Rick Hanson zu beschäftigen war eine Empfehlung meines Vaters, der mir erzählte, dass er ein sehr sympathischer und inspirierender Mensch sei und seine Vorträge sehr bereichernd seien. Wenn ich Empfehlungen dieser Art erhalte, recherchiere ich meistens gleich nach Büchern, bestelle mir wenigstens eins und lege es nach Lieferung meistens auf einen recht großen Stapel, wo es warten muss, bis die vorher erstandenen Bücher gelesen wurden. Glücklicherweise fiel diese Bestellung in die Zeit kurz vor unserem dreiwöchigen Sommerurlaub in diesem Jahr: Ich würde also bald viel Zeit haben, mich dem Stapel zu widmen. Und so schaffte ich es in meinem Urlaub, zumindest eins der Bücher von Rick Hanson zu lesen – das ältere.
Was mich daran begeistert hat, war die Möglichkeit, wirklich gleich etwas Gutes für mich selbst tun zu können, die Familie zu inspirieren und damit etwas Gutes in die Welt zu bringen. Das klingt zwar etwas pathetisch, aber so hat es sich für mich angefühlt.
Den Fokus auf die vielen guten Dinge zu richten, die einem während des Tages begegnen, gibt einen positiven Schub – und zwar sofort. Natürlich ist es hier wie bei den meisten Dingen, die das Leben in eine positive Richtung verändern sollen: Sie brauchen Zeit und es werden keine Wunder versprochen. Aber kleine Dinge haben eine unglaubliche Kraft, das ist mir wieder klar geworden!
Das habe ich mitgenommen
Ich möchte Ihnen und euch an dieser Stelle aufschreiben, was ich Konkretes mitgenommen habe, was für mich der entscheidende Aspekt dieses Buches ist.
Die „kleinen“ Dinge wahrnehmen
Wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, besteht unser Tag, und damit letztendlich unser ganzes Leben, aus vielen kleinen Ereignissen und Erfahrungen, die dann zusammen das große Ganze ergeben. Wir haben allerdings im Laufe unseres Lebens verlernt, die kleinen Dinge bewusst wahrzunehmen, weil wir immer auf die großen Ereignisse und Veränderungen schauen, die unser Weiterkommen und unseren Erfolg kennzeichnen. Davon gibt es natürlich viel weniger in unserem Leben, was dazu führt, dass es nur relativ selten Gelegenheit gibt, sich richtig zu freuen und somit einen positiven Schub zu bekommen, der einen glücklich und zufrieden macht – zumindest für eine Weile. Die Negativverzerrung in unserer Wahrnehmung wird damit gestützt und wir gelangen zu der Grundhaltung, dass es kaum Anlass zur Freude und zum Glücklich-Sein gibt. Dieser Prozess ist neurowissenschaftlich mittlerweile gut erforscht, was es uns ermöglicht, einzugreifen und unser Gehirn in eine andere, glücklichere und zufriedenere Richtung, zu formen (Neuroplastizität).
Aktiv werden – Dinge bewusst wahrnehmen
Wir können ganz bewusst im gegenwärtigen Moment ankommen, unseren Körper spüren (dieses Wunderwerk, das überwiegend so wunderbar funktioniert), die Geräusche wahrnehmen (die Vögel, die im Garten oder im Park singen, die Bienen, die so emsig summen), wir können unseren Blick weiten und einfach nur sehen, was uns umgibt (das Kind, das uns anlächelt, so offen und freundlich zugewandt, die wunderschönen Blumen, die endlich blühen und den Frühling ankündigen). Und auch, wenn derartig offensichtlich Schönes im ersten Moment nicht zu erkennen ist, ist es auch im eher tristen Büro, auf einem Parkplatz, im Einkaufszentrum oder beim Arzt möglich, etwas Positives zu entdecken. Man braucht nur etwas Offenheit und Hingabe an den Moment. Die Dinge dürfen klein und unscheinbar sein, aber sie sind da und warten darauf, entdeckt zu werden. Es braucht am Anfang vielleicht etwas Übung, gerade wenn man dazu neigt, sich gelegentlich vom scheinbar Negativen überrollen zu lassen. Vielleicht ist da auf dem Weg zur Arbeit ein wunderschöner Baum, der einem vorher nie aufgefallen ist, vielleicht ist da der Kollege, der am Morgen früher kommt und für alle einen Kaffee kocht (was großartig ist!), den man sonst einfach selbstverständlich trinkt. Oder da ist ein Kunde, der einem ein paar freundliche Zeilen schreibt, obwohl der Umgangston sonst eher rauer ist.
Bei den Dingen verweilen
Normalerweise ziehen diese vielen kleinen Dinge unbemerkt an uns vorbei. Doch wenn wir sie erst einmal wahrgenommen haben, ist es möglich, etwas länger bei ihnen zu verweilen, um sie wirklich zu erfahren. Wir können das Positive/Schöne aufnehmen und dies auch in unserem Körper spüren. Dadurch kommt es zu Veränderungen auch auf Ebene unseres Gehirns. Unsere Wahrnehmung, die grundsätzlich eher von einer Negativverzerrung geprägt ist, rückt das Positive mehr in den Fokus, was zu mehr Ausgeglichenheit, Zufriedenheit und Wohlbefinden führt.
Dem Positiven mehr Raum geben
Dabei geht es nicht darum, Negatives zu verdrängen, es darf weiter da sein und mit ihm kann gearbeitet werden. Dem Positiven wird allerdings mehr Raum gegeben, was insgesamt den Blickwinkel verändert und den Einfluss des Negativen auf unser Gemüt und damit auf unser Leben schwächt.
Zum Schluss
Rick Hanson gelingt es, die neurologischen Strukturen und Vorgänge, die unser Denken prägen, ansprechend und verständlich darzustellen. Er zeigt auf, wie es jedem Einzelnen von uns gelingen kann, konstruktiv mit dem „Negativen“ zu arbeiten, das Positive zu entdecken und zu vertiefen und so zu mehr Ausgeglichenheit und Lebensfreude zu gelangen. Wir sind in der Lage, die Strukturen unseres Gehirns zu verändern – das stimmt zuversichtlich und macht Mut.
Vielen Dank für dieses Buch!
Herzliche Grüße
Inga Schulz
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